Montag, 11. März 2013
Knochenhand und Kranke Liebe
Mein erstes Gedichtalbum entstand in der Zeit zwischen den grauen November 2011, und Dezember 2012. Letzterer war für mich als Abschluss einer längeren Zeit des Sehnens und Restaurierungsphantasien gewesen.

Knochenhand und Kranke Liebe ist lyrisch vor allem inspiriert vom expressionistischen Jahrhundertgenie Georg Heym, der Prosalyrik Gottfried Benns, einer Portion Eichendorff und der symbolistischen Nebulösität des (in der Nachkriegslyrik) unerreichten Paul Celans.

Sicherlich sind meine Gedichte fernab von der Qualität der Altvorderen, jedoch ist es meine Philosophie, die Dinge zu versuchen, statt einfach nur rumzusinnieren, dass man nie die Klasse von Denjenigen und Denjenigen erreichen wird. Es würde das Leben einfach nur langweilig machen.

Zur Geschichte des Gedichtbandes.

An einen grauen Novemberabend saß ich mit einen guten Freund in meiner Wohnung bei den einen oder anderen Bier und wir diskutierten über Lyrik und Schriftstellereien (wie affektiert das klingen muss). Der Kumpel stellte mir seine Gedichte vor. Als ehemaliger Verfechter klarer Strukturen lehnte ich es zunächst als simpel und anspruchslos ab (ich kannte damals tatsächlich nur schlechte Prosalyrik). Wir machten uns quasi als Trinkspiel aus, ein Gedicht in 5 Minuten zu schreiben. Also befasste ich mich ins kalte Wasser geworfen mit dieser Ausdrucksform. Was herauskam war das Gedicht "Auszug".

Ich ließ das Blatt mit den Gedicht eine Weile lang liegen. wie es sich nun zutrug, lernte ich ein Mädchen kennen, mit der ich später eine intensive aber nicht immer ganz einfache Beziehung führte. Es entstanden eine handvoll weitere düstere Werke (z.B. "Kranke Liebe") und es formte sich langsam das Thema des Gedichtbands heraus (es war zunächst nicht intendiert, einen ganzen Band zu erstellen) undzwar die beiden Aspekte Knochenhand (für gesellschaftsthematisiernde-) und Kranke Liebe (für zwischenmenschliche Gedichte).

So trug ich es meiner damaligen Freundin vor, jedoch befand sie sie Werke als sehr düster und verstörend.

Nach den elegischen Ende der Beziehung schrieb ich schließlich die depressivsten Stücke (wie "Als du in den ewigen Schlaf gingst") und nach einer gewissen Verarbeitungs- respektive Verdrängungsphase der Gefühle zu ihr schließlich die letzten Gedichte (z.B. "Vergessen").

Knochenhand wurde vor allem durch die Erfahrungen und Impressionen rund um mein bisheriges Leben in der postmodernen Ära und kann ferner als Ablehnung selbigen Paradigmenkonstrukts begriffen werden.

Im November 2012 überlegte ich mir schließlich, die Gedichte für mich langfristig zu erhalten und sie auch den Menschen zugänglich zu machen, die Freude an dieser Form der sprachlichen Verwirklichung haben.

Ich finde es sehr schön, jemand meine Lyrik liest und es ist offensichtlich ein Traum eines jeden Menschens, dass sein Werk in irgendeiner Form publik gemacht wird.

Mein Appell an euch ist daher: Versuchts auch! Schreibt Leute! Dichtet! Die Sprache ist das einzige, was uns niemand nehmen kann...

Ich wünsche euch also viel Spaß mit Knochenhand und Kranker Liebe



Als du in den ewigen Schlaf gingst
Ein Meer aus Niedergang.
Stetes Grau hüllt ich in einer kerkergleichen Lethargie.
Um mich herum liegen die Trümmer einer zirkelhaften Erinnerung:
Einer Erinnerung an die kurzen Momente
aus Sonnenstunden
und Mondträumen.

Mein Ruheplatz wird zum magnetischen Pol,
der mir alle Kraft
vampirisch stielt.

Vergilbte Bilder werden in meiner Hand zum Staub,
der im Wind des Vergessens zum Todesreigen bittet.

Dämmerstunden.

Fall der Sonne
in die violetten Fluten des Himmels.

Erneutes Springen ins Gestern
Kein Ausweg?

Erneut kommen mir Gedanken an deinen Endlosen Schlaf.
Wieder stirbt ein Stück von mir.

Seit du gingst, komme ich dir jeden Tag einen Fußmarsch näher.
Die Trauerschleier der Melancholie hängen
wie schwarze Gardinen
um meinen Raum.

Keine Sekunde Sonnenschein,
nur violette Schwärze aus Tristesse.
Keine Sekunde Sonnenschein,
nur martialles Ballett von Gerippen.
Kein Ausweg! Kein Eingang!
Nur Geister des Brandweins.
Kein Essen! Kein Schlafen!
Nur das kalte Eisen mit einen Inferno im Bauch.
Kein Leben!
Nur dein Grab im Bett der Erde.

Als du gingst,
war es wegen des alleszerfressenden Feuers meinetwegens

Auf Liebe folgte Tod.
Auf Tod folgt Liebe.

Du brauchst nicht mehr zu warten



Unser letztes Lied
Verwelkte Rosenblätter im Herbststurm.
Sie tanzen voller Spott um meine Knochenhand
Und sie Formen ein Band aus kalten Brand.
Der Verstand liegt auf meinem Herz
wie ein zahnloser Wachhund

Und alles schreit:
Warum?
Warum?

Unsere Zeit ist dahingeschmolzen.
Ein Teich aus Säure und Gift.
Wir gehen darin schwimmen und verlieren mit jeden Bad
die Schale aus Trennungshohn,
die mit den schemenhaften Ambrosia
aus Vergessen und Verdrängen
geformt wird

Und alles schreit voller Qual:
Gehe!
Gehe!

Liebesrote Rosenblätter im Frühjahrstanz.
Ihr schwülwarmer Duft macht mich trunken,
wie das Elysium,
als ich auf deinen Busen lag,
unfähig deine hitze und dein Leid zu bändigen.

Liebesleid,
Leidenschaft,
kraftlos.

Und ein Schrei in der Diamantenhöhle im Kern der Welt:

Bitte
hilf
mir!

Doch ich habe dich nicht erreicht.
Du bist mir entglitten
wie die Sucht dem Trinker,
wie der Wahn den Spieler.

Ich greife nach deinen Rosenblättern
Ein Meer aus Dornen
Jede Bewegung reißt Wunden
in meinen vernarbten Leib.

Nun zerschlug ich dich
um meiner selbst willen.

Und Du schreist voller Qual:
Bleibe
doch!

Und hebst an zum leisen Elfengesang.
Für mich
dein letztes Todeslied

Ich liebe dich!



Septemberlied
Ich gehe an einen Tag,
vag er das Glück auch barg,
über sonnengeflutete Wege aus Erde und Stein.

Es fällt mir manch ein Lied noch ein,

auf dich September!
Golden wären deine Ränder,
fliegen lässt du bunte Bänder.
Tausendfach.
Du Almanach der Erntezeit!

Doch was ist diese Übelkeit für mich?

Ist es der Wind,
der das weizengoldene Haar der Erde streicht?
Ist es,
wenn im Jahr kurz Frohsinn der Tristesse entweicht?
Sind es
gold- wie rostrotbunte Blätter an Eichen, Ahorn, Erlen?
Sind es
Worte von Dichtern, Denkern, Sängern und so weiter, Ihresgleichen,
Die im Lied
mir Herz und Hirn voll Trieb erweichen?

Nein!
Ich sag Nein!

Mag ich auch alleine sein...

Kein Reim durchdringt mich!
Kein Lied erhebt mich!

September,
die Zeit wo das Jahr alt wird und stirbt.
September,
Fruchtbarkeitsdämonin, die mein Aug' betört.

Golden illst du sein?

Doch bist du violett,
wie die Wunden in meinen Märtyrerleib.
Violett,
wie das Grab im Dachboden der Geliebten.
Violett,
wie die letzten Sonnenmomente vor einer pestschwarzen Nacht

September!

Viel zu oft hab ich an dich gedacht!
Jetzt erst bin ich aus dem Wahn erwacht...



Bei dir
Jetzt dämmert uns das Morgenrot.
Deine Nähe spielt meine Fäden an der Hand.

Wehrlos wurde ich

In unseren Hort aus Federn schmecke ich deine Rose
und lieg sorgenbar
in deinen Sonnenstrahlen.

Das hier und heute gehört ganz uns

Die Fenster der Seele sind weit offen.
Ein Hauch der Hingabe fegt über den bergkristallinen Bach.
Nähe.

Meine Hände streichen über deine Wangen
wie ein leichter Wind,
der über eine Wiese im Frühsommer wandelt.

Unsere Blicke sind starr vor Erwartung

Meine Lippen betteln nach deinen.
Ich hänge an ihnen
wie das Salz an der Träne

Berührung

Nicht weniger als prosaische Extase
verspricht mir der Takt deines Blutes
Würde ein Kuss mehr sagen als tausend Worte
was würde mein Herz dir an Epen vortragen?

Ein Refugium inmitten grauer Steinwüste
bist du mir geworden,
meine Geliebte

Heute ist mir nach mehr als Kreislauf des Triebes.
Mein Bett wird zum Schrein
und du zu mehr als nur Reliquie

An diesem Tag
Bei dir



Alma Mater
Denkerschmieden, Menschenmacher,
voll mit Büchern altem Dunst.
Kriecht der Lichter fauler Schacher,
alternierend rechter Kunst.

Hundertschaften, grauer Brei:
Garstig drängt es in den Saal.
Tropfen Phrasen, tumber Schrei,
Streicheln sie den Bauch des Baal.

Einsamkeit vereint die Massen.
Scheltwort lässt ihr Weiß verblassen.
Mythos frisst das letzte Licht.

Alma Maters fette Kralle
quetscht des Schädels Knochenwalle.
Eigenheit macht sie zu nicht



Eiskristalle (an Silvia M.)
Wo die Stadt im Winter lag,
in des Jahres grauem Haar,
war es dieser eine Tag,
der uns blieb der Sorgen bar.

Weißen Berges schroffer Rücken,
trotzten wir in junger Mut.
Freiheit war all wo wir blickten.
Hehr war die Gedankenglut.

Selbst im Froste, selbst im Eise
Klang so still die alte Weise,
Die Momenten Seele lieh.

Möge uns so manche Stunde,
bleiben und auch manch Sekunde,
lebend werden in Magie



Kranke Liebe
Ich häng an deinen roten Lippen und saug am Geifer deiner Nichtigkeiten.
Schläft mein Herz?
Leben Steine?
Einer sitzt tief in mir drin und schreit:
Sei gut!
Achte!

Doch ich ächte diesen Kerl!

Er ist sowieso taub
oder
in deinen Phrasenmeer längst ertrunken.

Deine Augen sind mir wie ein flackerndes Krankenhauslicht.
Wie eine Psychiatrie
die mich hineinsaugt und mich krank macht

Kranke Liebe

Was ist schon mein Herzschlag?

Ich sehe deine Wangen und spüre meine Wärme in deinen Schoß.
Mein Kopf liegt auf deiner Brust,
Äußerlich zerrissen,
innerlich geballt.

Dein Blut singt die Melodie, die mir gefallen sollte,

doch

bist du ein Baum voller welker Blätter
und ich der Boden, auf den sie verrotten.



Alte Kaserne
Geistertanz in hohler Grufte,
Bombenschlag ist längst verflogen.
Ich riech noch den Schwarzpulverdufte,
Soldaten, die nach Osten zogen.

Als Krieg im Kriege einst sie formten,
So kalt er war, so heiß er blieb.
Im fremden Lande stand und formten
Töten nach den Schutzprinzip.

Nun sind die Jahre fern von heute,
Kaserne mit den Roten Stern.
Beerdigen dich heut and're Leute,
im Kern jedoch die alten Herr'n



Auszug
Der Sonntag ist heilig.

Gott ruht aus, ich raste nicht
Elegie in Sieben Schritten

Lass mich unter den Bodensatz der Menschheit tauchen.
Freund, schnür deine Schuhe. Frischauf!
Wir rasten nicht. Wir zerstören uns, bevor es die anderen tun.
Wer will schon determiniert sein?

Fremd bleibt mir das Jetzt,
verdammt ist das Morgen,
unbekannt das Gestern.

Letzte Groschen für das Vergessen, diesen kühlen Trank
Zwei Bier mit einen Freund ist mir mehr als die Synthese aus leben und funktionieren in tausend Jahren Dauerverstummung je sein könnte.

Hebe deine Knochenhand
Die Hölle wartet